Victoria Schulz, Daniel Zillmann. Rückenwind von vorn (Away You Go). Regie/director: Philipp Eichholtz Foto: © Von Oma gefördert |
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Perspektive Deutsches Kino 2018 |
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Am Berlinale Publikumstag, dem 25. Februar 2018, präsentiert die Perspektive Deutsches Kino den Preisträgerfilm des Spielfilmwettbewerbs „Max-Ophüls-Preis 2018“ sowie den Dokumentarfilm-Gewinner des „First Steps Award 2017“ (Ohne diese Welt, Regie: Nora Fingscheidt). Aber soweit ist es noch lange nicht. Vorher werden in der Berlinalesektion Perspektive Deutsches Kino 14 Filme, darunter sechs abendfüllende Spiel- und vier Dokumentarfilme um den mit 5.000 Euro dotierten Kompass-Perspektive-Preis konkurrieren.
Außerdem wird ein Nachbarschaftsprojekt rund um den Berliner Rosa-Luxemburg-Platz als Gast zur Perspektive Deutsches Kino 2018 eingeladen. Was bedeutet Nachbarschaft? Was ist Heimat? Im Sommer 2017 wurden 140 Anwohner*innen rund um den Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte interviewt. Am zweiten Berlinale-Wochenende wird das Publikum auf eine Wanderung durch deren Wohnzimmer geladen, um dort gemeinsam Filme zu sehen und ins Gespräch zu kommen.
„Wenn starker Wind von vorn bläst, muss man selbst noch stärker werden, um sein Ziel zu erreichen. Das ist die Herausforderung, die wir annehmen, und die aus einem Gegenwind den aktivierenden Rückenwind von vorn macht“, kommentiert Sektionsleiterin Linda Söffker ihre Auswahl.
Eröffnet wird die Sektion mit dem neuen Spielfilm von Philipp Eichholtz Rückenwind von vorn (Produktion: Von Oma gefördert). Regisseur Eichholtz bleibt sich treu und erzählt mit viel Liebe und Energie von der Selbstfindung mit Gegenwind. Gegenwind ist ungemütlich und hindert einen beim Vorwärtskommen. Es sei denn, man zieht sich warm an, nimmt die Hürden oder ändert auch mal die Richtung und geht Umwege. Charlie (Victoria Schulz), die junge Berliner Lehrerin, will ihren eingeschlagenen Weg so nicht weitergehen und fragt sich, was sie wirklich will und braucht.
In dem von der jungen Münchner Produktionsfirma GAZE Film produzierten Debütfilm Feierabendbier (Regie: Ben Brummer) erlebt der Barkeeper Magnus (Tilman Strauß) eine Identitätskrise, als sein heißgeliebter Youngtimer gestohlen wird. Magnus, in lässig-cooler Attitüde, und vor allem sein Freund Dimi (Johann Jürgens) verkörpern das perfekte Klischee der Hipster-Szene: Selbstverwirklichung durch sichtbare Understatement-Symbole. Regisseur Brummer entwirft zusammen mit Ausstattung, Kostüm und Musik ein Setting, das wie in einem Comic sehr unterhaltsam eine überzeichnete Welt für Erwachsene schafft.
Drei mittellange fiktionale Arbeiten beschäftigen sich auf sehr unterschiedliche ästhetische Weise mit Geschichten von Liebe und Abschied: Kineski zid(Chinesische Mauer) von der dffb-Studentin Aleksandra Odić erzählt durch die Augen der achtjährigen Maja sehr poetisch von der bosnischen Mentalität und temperamentvollen Herzlichkeit der ganzen Familie. An einem Sommertag kommen sie alle zusammen und nur Maja begreift, dass ihre Lieblingstante Ljilja noch heute heimlich das Land gen Deutschland verlassen wird.
In Storkow Kalifornia des Regiestudenten von der Filmakademie Baden-Württemberg Kolja Malik ist der 30-jährige Outlaw Sunny (Daniel Roth) aus Storkow hin- und hergerissen zwischen Mutter und neuer Liebe (Lana Cooper), zwischen Dableiben und Fortgehen. Ein Film wie ein Trip: Goodbye Storkow, hello Berlin!
Rå von der Filmuniversität-Babelsberg-Studentin Sophia Bösch ist die Geschichte einer Initiation. Die 16-jährige Linn (Sofia Aspholm) möchte unbedingt in die Gemeinschaft der Jäger um ihren Vater aufgenommen werden und erkennt nach und nach, dass sie niemals wirklich dazugehören wird. Es ist ein Film über das Erwachsenwerden und die Erkenntnis, wie schwer es ist, als Frau in einer Männergemeinschaft mit tradierten Hierarchien seinen Platz zu finden.
Der von Titus Kreyenberg (unafilm) produzierte Dokumentarfilm draußen (Regie: Johanna Sunder-Plassmann, Tama Tobias-Macht) porträtiert die Obdachlosen Matze, Elvis, Filzlaus und Sergio mit Hilfe von persönlichen Gegenständen, die mit Erinnerungen und Emotionen aufgeladen sind und so zu Zeugen ihres Lebens werden. Der Film zieht das Publikum auf die Straße und gibt uns Freiraum für die Ideen eines anderen Lebenskonzepts.
Klar, gehen könnte man immer. Jetzt. Sofort. Oder später. Man könnte einfach weg sein, sich aus dem eingerichteten Leben davonstehlen. Aber was passiert dann? Jeder hat darüber schon mal nachgedacht, aber die wenigsten tun es – ihre vorgesehene Bahn verlassen. Es ist unsicher, es ist aufregend, es ist mutig, es ist verrückt. Paul Zeise (Sebastian Rudolph) tut es, im Debütfilm Whatever Happens Next (Produktion: The StoryBay, Salzwedel) von Julian Pörksen. Paul zieht durchs Land, erscheint ungeladen auf Beerdigungen oder Partys, zieht für eine Zeit mit der verrückten Nele (Lilith Stangenberg) zusammen und lässt sich treiben im Wunderland Leben. Regisseur Julian Pörksen war 2012 schon einmal mit einem kürzeren Film in der Sektion vertreten und zeigt jetzt seinen ersten langen Spielfilm.
Auch die Regisseurin Susan Gordanshekan kehrt mit ihrem Spielfilmdebüt Die defekte Katze (Produktion: Glory Film, München) zurück in die Perspektive. Sie erzählt von einem iranischen Paar, das sich erst nach der traditionell geschlossenen Ehe kennenlernen kann und dann an den Herausforderungen des gemeinsamen Lebens in Deutschland scheitert. Es geht darum, sich von den Idealbildern der verschiedenen Lebensmodelle zu befreien und sich eine zweite Chance für die Liebe zu nehmen.
Der Debütfilm Verlorene (Produktion: VIAFILM, München) von Felix Hassenfratz taucht ein in die badische Provinz, in der jede*r jede*n kennt und wo die Geschwister Maria (Maria Dragus) und Hannah (Anna Bachmann) nach dem Tod der Mutter alleine mit ihrem Vater (Clemens Schick) leben. Regisseur Felix Hassenfratz kennt sich in dem Milieu gut aus und erzählt eine Heimatgeschichte, in der die Angst vor dem Unbekannten genauso groß ist wie die Sehnsucht danach.
Mit der Horror-Lovestory Luz schließen Regisseur Tilman Singer und Production Designer Dario Méndez Acosta ihr Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln ab. Luz, eine junge Taxifahrerin lateinamerikanischer Herkunft, stolpert mit letzter Kraft in eine Polizeidienststelle. Ein Dämon ist ihr auf den Fersen und fest entschlossen, seiner Geliebten endlich nahe zu sein. Tilman Singer beschreibt seinen Film als sinnlichen Thriller, der auf 16mm gedreht ist und mit der Wahrnehmung des Zuschauers spielt.
Der 22-minütige Spielfilm Kein sicherer Ort (Produktion: Filmmagnet, München, Co-P: Hochschule für Fernsehen und Film München) der Regisseurin Antje Beine ergänzt das mittellange Filmprogramm um eine weitere junge Heldin (siehe auch Pressemitteilung vom 21.12.2017). Aus Sicht der zehnjährigen Marie (Lucia Stickel) erfährt man, was es heißt, nicht Kind sein zu können an dem Ort, wo man zu Hause ist. |
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