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Bowling For Columbine
"Der Morgen des 20. April 1999 sieht nach einem ganz normalen Tag in
Amerika aus. Farmer bestellen ihre Felder, Milchmänner liefern Milchflaschen
aus, der Präsident lässt Bomben über einem Land abwerfen, dessen Namen
wir nicht einmal aussprechen können" (O-Ton) - und Dylan Klebold und Eric
Harris, zwei Jungs in Littleton, Colorado, gehen zu ihrem Bowlingkurs.
Was
keiner ahnt: Die beiden bowlenden Jugendlichen werden wenige Stunden
später das Columbine Highschool Massaker verüben, in dessen blutigem
Verlauf 12 Schüler und ein Lehrer den Tod finden und viele Kinder und
Jugendliche schwer verletzt werden. Wie eine ironische Spiegelung des
Schicksals wirkt der Umstand, dass an diesem Tag die USA ihren stärksten
Bombenangriff auf dem Kosovo fliegt.
Mit lakonischem Zynismus und beißendem Witz geht Regisseur Moore
("Roger & Me", 1989) in BOWLING FOR COLUMBINE auf eine wahnwitzige
Reise in das Herz Amerikas. So lässt er zwei Opfer von Littleton - einer
querschnittsgelähmt, der andere invalide mit einer inoperablen Kugel in
Aortanähe - in einem symbolischen Akt die in ihren Körpern steckenden
Kugeln an die Supermarktkette K-Mart zurückgeben, wo die Täter ihre
Munition kauften und konfrontiert Hollywood-Ikone und Waffenaktivist
Charlton Heston, den Vorsitzenden der NRA (National Rifle Association) mit
dem Bild eines sechsjährigen Mädchens, das von einem gleichaltrigen
Mitschüler erschossen wurde.
Michael Moore porträtiert mit bewegender Emotionalität und mitunter
feuilletonistischen Volten voll absurder Komik eine Nation zwischen
Waffenfetischismus und angstbesetzter Paranoia. Ein Volk mit dem Colt im
Anschlag für die permanente Selbstverteidigung. Besonders im Kielwasser
des 11. September ist BOWLING FOR COLUMBINE ein mutiger Film. Denn
Amerikas führender Satiriker und sozialkritischer Dokumentarist stellt eine
simple Frage, die sich kein Amerikaner in diesen von Patriotismus geprägten
Zeiten zu fragen traut:
"Sind wir verrückt nach Waffen - oder sind wir nur
verrückt?"
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Bei K-Mart, einer Supermarkt-Kette, kauft Michael Moore völlig problemlos Munition
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Genau darum geht es hier: Wir haben rund eine Viertelmilliarde Waffen
in Umlauf, und sie gehören in der Mehrheit Weißen, die in Wohn-
vierteln ohne nennenswerte Kriminalitätsrate leben.Michael Moore
Der preisgekrönte Dokumentarfilmer Moore, der gleichermaßen als
Fernsehproduzent, Regisseur und Autor tätig ist, arbeitete im Frühjahr 1999
an seiner TV-Serie "The Awful Truth", die im darauf folgenden Herbst auf
Bravo (U.S. und Kanada) und Channel 4 (England) ausgestrahlt werden sollte.
Bekannt dafür, den richtigen Riecher zu haben und den Nerv der Zeit zu
treffen, hatte er gerade das satirisch düstere Segment "Teen Sniper School"
fertiggestellt. Moore erinnert sich: "Ich hatte einen Waffenexperten gebeten,
Kinder im Alter von zwei Jahren den Gebrauch von Schusswaffen zu erklären.
Das ganze ließen wir an einer Schule spielen und dazu gab es Dialoge, in
denen wir ihnen angeblich beibrachten, wie sie am besten den Boss der
Fußballmannschaft eliminierten. Nach dem Motto:
,Ihr habt heute vergessen,
eure Antidepressiva zu nehmen? Jetzt zeigen wir euch mal eine andere Art,
Aggression abzubauen..."
Die Zensur verhinderte, dass diese Folge jemals gezeigt wurde. Nur Tage
nach ihrer Fertigstellung wurden zwölf Schüler und ein Lehrer in der
Columbine Highschool in Littleton, Colorado, erschossen. Moores Satire hatte
auf unheimliche Weise die Realität übertroffen und etwas Giftiges erspürt, das
die amerikanische Kultur besetzt hielt und jetzt nach einer Erklärung der
Vorfälle schrie.
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Im Kino Angst zu bekommen, ist eine Sache. Manipuliert zu werden
durch Nachrichtensendungen, Reality-TV oder einen Präsidenten,
der dir sagt, dass es irgendwo einen federführenden Bösewicht gibt,
der dich jederzeit töten kann, das ist eine ganz andere Sache.
Michael Moore
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Der Regisseur Michael Moore bewaffnet mit Kamera und Gewehr |
Michael Moore, geboren 1954 in Flint, Michigan, begann seine Karriere als Journalist und war über zwei
Jahre Herausgeber des bekannten linken Magazins »Mother Jones«, bevor er sich dem Film zuwandte. 1989
wurde er als Dokumentarfilmer mit »Roger & Me« schlagartig berühmt; er produzierte und moderierte Shows,
die in den USA Kultstatus erreichten. Sein erstes Buch »Downsize This« wurde ein Bestseller. Sein neues
Erfolgsbuch »Stupid White Men« eroberte schlagartig die vordersten Plätze aller amerikanischen
Bestsellerlisten und verkaufte sich dort über 500.000 mal.
Michael Moore lebt heute mit seiner Familie in New York City, wo er im Moment an einer Filmadaption für
»Stupid White Men« arbeitet, die noch vor der US-amerikanischen Wahl 2004 erscheinen soll. Er bezeichnet
sich selbst als Filmemacher, Autor und Wähler.
Moores »Bowling for Columbine« wurde in diesem Jahr als erster Dokumentarfilm seit über 50 Jahren in den
Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes aufgenommen und gewann den »Prix du 55ème anniversaire du
Festival de Cannes«.
"BOWLING FOR
COLUMBINE" Der Film
Ein Film von
Michael Moore
Kinostart: 21. November 2002 USA / Kanada / Deutschland 2002
Länge: 122 Minuten / Farbe / 35 mm / 1: 1,85 / Dolby Digital
Spezialpreis zum 55. Jubiläum in Cannes 2002
Publikumspreis beim Festival Internacion de San Sebastian 2002
"Stupid White Man" Das Buch
Sein
neues Erfolgsbuch »Stupid White Men« eroberte die vordersten Plätze aller amerikanischen
Bestsellerlisten und verkaufte sich dort über 500.000 mal. Das Manuskript
war schon im Frühjahr 2001 fertiggestellt und sollte im Herbst auf den Markt kommen. Doch dann kam der 11. September der Verlag machte einen Rückzieher. Die Auslieferung wurde gestoppt. Moore sollte einen sanfteren Ton anschlagen. Er weigerte sich und warb auf seiner Internetseite (
Homepage von Michael Moore ) für das Buch. Als es schließlich im Februar 2002 in seiner ursprünglichen Version auf den Markt kam, eroberte es innerhalb kürzester Zeit die amerikanischen Bestsellerlisten.
Bananenrepublik USA: Im weißen Haus sitzt 'Baby Bush mit seiner Kamarilla', ein Präsident, der nie gewählt wurde, und der regieren läßt - hauptsächlich von Geschäftsfreunden seines Vaters. Die Lage der Nation ist entsprechend: die Außenpolitik eine Serie von haarsträubenden Fehlentscheidungen, die Börse entpuppt sich als eine Spielwiese für Betrüger, viele Anleger sind ruiniert, die Wirtschaft auf Talfahrt.
Moore verlangt U.N. Truppen und Wahlbeobachter, weil die Vereinigten Staaten nicht mehr in der Lage sind, die demokratischen Spielregeln einzuhalten.
Ähnlich wie der Film "BOWLING FOR
COLUMBINE" kommt das Buch als teilweise gallige Satire daher. Was im Film sehr gut funktioniert, die Komik die einem das Lachen oft im Halse stecken lässt, kommt einem als europäischer Leser des Buches streckenweise zu sehr auf Fun getrimmt vor.
Aber vielleicht ist gerade das der Grund, warum sich das Buch gut verkauft - es macht einfach Spass es zu lesen.
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Michael Moore
Stupid White Men
Eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush Aus dem Amerikanischen von H. Schlatterer, M. Bayer,
H. Dierlamm und N. Juraschitz
329 Seiten. Broschiert
€ 12.- Piper |
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