Berlin,

China – Zwischen Vergangenheit und Zukunft
Ein Projekt zur zeitgenössischen Kunst Chinas
Haus der Kulturen der Welt


 
  Ein Jahrhundert des chinesischen Films:
Von den Stummfilmklassikern aus den Dreißiger Jahren
über die „Neue Welle“ nach der Kulturrevolution bis hin zu aktuellen Produktionen, die erst kürzlich auf der Berlinale
zu sehen waren.


Zwischen Epik und Realismus – 20 Jahre Film in China

Als ihr Spielfilm Yellow Earth 1985 beim Hong Kong International Film Festival die höchsten Preise gewann und stürmische Begeisterung auslöste, ahnten Regisseur Chen Kaige und Kameramann Zhang Yimou noch nicht, dass ihre Arbeit als Meilenstein des modernen chinesischen Kinos in die Filmgeschichte eingehen würde. Sie waren zusammen mit einigen anderen aus tausenden von Bewerbern zum Studium an der Beijinger Filmakademie zugelassen worden, als die nach 10-jähriger Schließung während der Kulturrevolution 1978 ihre Tore wieder öffnete. Als „fünfte Generation“ von Filmemachern der Volksrepublik China beendeten sie ihr Studium Anfang der Achtziger-Jahre. Sie traten das reiche Erbe mehrerer Generationen von Regisseuren an, die damals bereits seit rund achtzig Jahren chinesische Filmgeschichte geschrieben hatten. Chen Kaiges und Zhang Yimous erste Arbeiten entstanden in einer wirtschaftlich und kulturpolitisch relativ liberalen Phase; ihre expressive Bildsprache und ihr kritischer Blick auf die chinesische Kultur und Geschichte sollten das Kino Chinas entscheidend verändern.

Unter ganz anderen Bedingungen begannen ihre Nachfolger zu arbeiten, die Vertreter der so genannten „sechsten Generation“. Der Abschluss ihres Studiums fiel mit der Niederschlagung der Studentenunruhen im Juni 1989 zusammen. Unter diesen Voraussetzungen sahen die Absolventen der Filmakademie keine Chance, in staatlichen Filmstudios ihre eigenen Ideen umsetzen zu können. Sie schufen Filme außerhalb der staatlichen Produktions- und Vertriebskanäle, die damit unzensiert – aber auch illegal und öffentlich unaufführbar blieben. Regisseure wie Zhang Yuan siedelten ihre Geschichten in der städtischen Moderne an, griffen soziale Themen auf und waren bestrebt, sie möglichst authentisch darzustellen. Etwa zur gleichen Zeit entstanden auch die eindrucksvollen Arbeiten von Dokumentarfilmern wie Wu Wenguang oder Wang Bing, die die gewaltigen sozialen und wirtschaftlichen Umbrüche in China festhielten.



 
Mitte der Neunzigerjahre begannen die nach den Tiananmen-Unruhen von der Regierung intensivierten wirtschaftlichen Reformen auch die Filmindustrie zu berühren. Die Filmstudios konnten nicht mehr ausschließlich auf staatliche Mittel zählen und mussten selbst Investoren für ihre Produktionen finden. Gleichzeitig wurden die Gründung von privaten Produktionsfirmen und der Einsatz von neuen Investitionsformen zugelassen. Zu Anfang des neuen Jahrtausends wurden außerdem einige Zensurbestimmungen gelockert. Diese Maßnahmen sind wohl als grundsätzlich positiv zu beurteilen. Aber sie zwingen die meisten Filmschaffenden zu einem schier unmöglichen Spagat zwischen wirtschaftlichen und politischen Ansprüchen. Die neuen Marktmechanismen und eine limitierte Öffnung für ausländische Filme erzeugen großen Druck, kommerziell erfolgreiche Produktionen zu realisieren.

 
Der zugleich nur eingeschränkt freie Filmmarkt und die nach wie vor unberechenbare Zensur haben zu einer riesigen Vielfalt illegal kopierter und äußerst preiswerter DVDs geführt, was sich wiederum fatal auf die Zahl der Kinobesuche auswirkt. Waren die ideologischen Vorgaben der Zensoren früher noch einigermaßen klar, so wird es immer schwieriger nachzuvollziehen, nach welchen Kriterien die Entscheidungen erfolgen. Trotz dieser Herausforderungen bieten die Vielfalt der Produktionsmöglichkeiten, ein schier unerschöpflicher Pool an kreativen und experimentierfreudigen jungen Künstlern und ein ungebrochenes Interesse an China Anlass zu Hoffnung, dass sich das chinesische Kino weiterhin erfolgreich behaupten kann.


Die Pioniere der fünften Generation haben sich mittlerweile populäreren und kommerziell einträglicheren Genres zugewandt und machen dank ihrer international finanzierten Großproduktionen mit Stars aus China, Hongkong, Taiwan und Japan Schlagzeilen. Aber es sind die Autorenfilme von Absolventen der Filmakademie, renommierten Kameraleuten, Autodidaktikern oder Vertretern von ethnischen Minderheiten Chinas, die derzeit das Aufsehen an den internationalen Festivals erregen.

Die in China übliche und von der westlichen Filmkritik übernommene Einteilung der Filmschaffenden der Volksrepublik in Generationen hat inzwischen ausgedient. Sie wird im Übrigen von den chinesischen Regisseuren, die für eine individuelle Beurteilung ihrer Filme plädieren, meist dezidiert abgelehnt. Zu unterschiedlich sind Werdegang und Werke der jungen Regisseure. Im Westen hat glücklicherweise die Tendenz abgenommen, einen chinesischen Film danach zu beurteilen, wie „subversiv“ bzw. regimekritisch er ist. Vielleicht ist die Zeit angebrochen, da in China wie im Westen ein chinesischer Film ganz einfach auch als individueller Ausdruck einer künstlerischen Vision wahrgenommen werden kann. Nathalie Bao-Götsch, trigon-film, Ennetbaden (Schweiz)

  Filme von A – Z

* Regisseur wird bei der Vorführung anwesend sein

  At Home in the World
R: Wu Wenguang*
China 1995, 90 min, OmeU
Sa, 13.5. | 22 Uhr
  Oxhide
R: Liu Jiayin*
China 2005, 110 min, OmeU
Fr, 28.4. | 20 Uhr
 
  Beijing Bastards
R: Zhang Yuan
China/Hongkong 1992, 95 min, OmeU
So, 14.5. | 20 Uhr
  Platform
R: Jia Zhangke
China 2000, 155 min, OmeU
Do, 11.5. | 20 Uhr
 
  Beijing Bubbles – Punk and Rock in China’s Capital
R: Susanne Messmer, George Lindt
Deutschland 2005, 82 min, OmeU
So, 14.5. | 18 Uhr
  Rabid Dogs
R: Cao Fei
China 2002, 8.52 min
Fr, 5.5. | 20 Uhr
 
  Blush
R: Li Shaohong
China/Hongkong 1994, 115 min, OmeU
Mi, 3.5. | 20 Uhr
  San Yuan Li
R: Ou Ning, Cao Fei
China 2003, 40 min, OmeU
Fr, 5.5. | 20 Uhr
 
  Bumming in Beijing – The Last Dreamers
R: Wu Wenguang*
China 1990, 90 min, OmeU
Sa, 13.5. | 20 Uhr
  Seafood
R: Zhu Wen
China/Hongkong 2001, 90 min, OmeU
So, 7.5. | 20 Uhr
 
  COSPlayers
R: Cao Fei
China 2004, 8 min
Fr, 5.5. | 20 Uhr
  Sons
R: Zhang Yuan
China 1996, 95 min, OmeU
So, 7.5. | 18 Uhr
 
  Dam Street
R: Li Yu
China 2004, 93 min, OmeU
Fr, 28.4. | 22 Uhr
  Spring in a Small Town
R: Fei Mu
China 1948, 90 min, OmeU
So, 30.4. | 18 Uhr
 
  East Palace, West Palace
Zhang Yuan
China 1996, 90 min, OmeU
Fr, 12.5. | 22 Uhr
  Springtime in a Small Town
R: Tian Zhuangzhuang
China 2004, 116 min, OmeU
So, 30.4. | 20.30 Uhr
 
  Frozen
R: Wang Xiaoshuai
China/Hongkong 1997, 97 min, OmeU
Fr, 5.5. | 20 Uhr
  The Big Road
R: Sun Yu
China 1934, 100 min
Mi, 10.5. | 20 Uhr
 
  Houjie Township
R: Zhou Hao, Ji Jianghong
China 2003, 91 min, OmeU
Do, 4.5. | 20 Uhr
  Tie Xi Qu – West of Tracks (Trilogie)
R: Wang Bing*
China 1999 – 2003, 615 min, OmeU
Sa, 6.5. | 22 Uhr
 
  In the Heat of the Sun
R: Jiang Wen
Hongkong/Taiwan 1997, 139 min, OmeU
Sa, 29.4. | 22.30 Uhr
  Welcome to Destination Shanghai
R: Andrew Cheng
China 2003, 86 min, OmeU
Fr, 12.5. | 20 Uhr
 
  Kekexili: Mountain Patrol
R: Lu Chuan
China/Hongkong 2004, 95 min, OmeU
Sa, 6.5. | 20 Uhr
  Wuji – Die Reiter der Winde
R: Chen Kaige
China/Hongkong/Japan/Südkorea 2005, 103 min, OmU
Do, 27.4. | 19 Uhr
 
  Leben!
R: Zhang Yimou
China 1994, 130 min, OmU
Sa, 29.4. | 20 Uhr
  Yellow Earth
R: Chen Kaige
China 1985, 90 min, OmU
Do, 27.4. | 22 Uhr
 
  Moments
R: Jiang Zhi
China 2002/3, 40 min, OmeU
Do, 4.5. | 20 Uhr
     
  Mongolian Ping Pong
R: Ning Hao
China 2005, 101 min, OmU
So, 30.4. | 15 Uhr
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Eintrittspreise:
Einzelvorstellung 5 Euro, ermäßigt 3 Euro, Abendticket 8 Euro, ermäßigt 5 Euro. Das Ticket berechtigt auch zum freien Eintritt in die Ausstellung NEUE FOTOGRAFIE UND VIDEO AUS CHINA, Di – So + feiertags 12 – 20 h

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