Berlin,
 
Die Spielwütigen

ein Dokumentarfilm von Andres Veiel
Verleih: Timebandits Films GmbH Presse: boxfish films
Was sind die frühen Träume? Wie verändern die sich? Wo kommen die Leute letztendlich an? Diese Fragen werden erst beantwortet, wenn die Protagonisten den Sprung in die Praxis machen. Erst nach sieben Jahren hatte ich das Gefühl, dass in den Gesichtern so viel passierte, dass ich eine Entwicklung zeigen kann. Ich wollte einen Film über das Erwachsenwerden machen. Andres Veiel

Unter der Regie von Andres Veil entstanden bemerkenswerte Filme wie "Black Box BRD" oder "Die Überlebenden". Die Gemeinsamkeit der Filme besteht in einer ausgesprochen guten Dramaturgie, die alle Vorurteile gegenüber Dokumentarfilmen vergessen lässt. Mit den Spielwütigen ist ihm mit der Hilfe der vier Protagonisten im Film eine äußerst spannende Langzeitbeobachtung gelungen, die gleichzeitig eine Hommage an das Schauspiel ist. MMM

  INHALT


Die "Spielwütigen" sind vier junge Schauspielschüler auf dem Weg zum Traumberuf. Über einen Zeitraum von sieben Jahren begleiten wir sie vom Vorsprechen an der Hochschule bis zu ihren ersten Engagements. Stephanie, Karina, Constanze und Prodromos, unsere vier Bewerber, bereiten sich auf die Aufnahmeprüfung vor. Wir lernen sie in ihren Familien kennen, die unterschiedlichsten Hintergründe, Motive und Zweifel. Erst nach monatelangem Auswahlprozedere und endlos zermürbendem Bangen fällt die Entscheidung, wer es geschafft hat.

Auf den euphorischen Studienbeginn folgt bald harsche und provozierende Kritik: gnadenlos wird von den Dozenten jede Unzulänglichkeit und Unfähigkeit gespiegelt, die Unbedingtheit des Berufswunsches auf harte Proben gestellt. Wir begleiten die Protagonisten bei ihrem Kampf, sich nicht zwischen hohen Erwartungen und dem eigenen Können aufzureiben und zu verlieren. Am Ende steht die eigentliche Bewährungsprobe: der Sprung ins Berufsleben. Plötzlich stellen sich alle Fragen neu: Was ist Erfolg? Und was ist der Preis dafür? Was ist nach sieben Jahren aus den frühen Träumen und Wünschen geworden?



  Sieben Jahre "Spielwut"

"Man muss schon verrückt sein für diesen Beruf, ich könnte nicht einfach stattdessen ins Büro gehen".Constanze

Geschichte einer Langzeitdokumentation

Der fünfte Kinofilm von Andres Veiel knüpft an die langjährige Zusammenarbeit mit Produzent Klaus Volkenborn an. Mit Die Spielwütigen schuf er wiederum ein Werk aus der Liebe und Affinität zum Theater heraus. In Balagan (1994) folgt er einer israelischen Theater-Company, die mit einer drastisch provozierenden Holocaust-"Bearbeitung" international Aufsehen erregte. Vom unerfüllten Lebenstraum der Schauspielerin Inka Köhler- Rechnitz erzählt Winternachtstraum (1991/92). Veiel porträtiert darin die 83-jährige in ihrer ersten großen Theaterrolle, die ihr als Halbjüdin 50 Jahre zuvor verwehrt blieb. Die Idee, einen Film über Schauspielschüler zu realisieren, entstand 1996 nach Die Überlebenden. Image und räumliche Nähe der "Ernst Busch" legten eine Entscheidung für die Berliner Institution nahe. Insgesamt sieben Jahre lang dokumentierte Andres Veiel die "Spielwütigen", von Recherche 1996 über Aufnahmeprüfung und Studienbeginn 1997, Studienabschluss 2001 bis hin zu den aktuellen Engagements 2003.

Während der aufwändigen Recherche (August 1996 bis Februar 1997) forschte Veiel nicht nur nach schauspielerischem Talent, sondern auch nach "Spielwut", nach dem persönlichen Hintergrund, nach Erfahrungen, Motiven und selbstverständlich der Bereitschaft, sich vor der Kamera zu öffnen und zu "zeigen". In dieser Phase kristallisierte sich heraus, dass über die Wege der angehenden Schaupieler hinaus ihr "Erwachsenwerden" den Film in seinem thematischen Kern tragen würde. Über mehrere Monate besuchte Andres Veiel zunächst die "Eignungstests" der HfS (Anforderung: zwei Rollenausschnitte, ein Lied, ein Gedicht). Von 1.400 Bewerbern qualifizierten sich dabei 200 für die eigentliche Aufnahmeprüfung. Aus dieser Runde kamen dann etwa 40 in die engere Wahl für das Filmprojekt.




Um ihr jeweiliges Heimatumfeld kennenzulernen, führte das weitere Casting (hauptsächlich auf VHS) quer durch Deutschland, in die Schweiz, nach Österreich und Frankreich. Auf dieser Grundlage konzentrierte sich die zweite große Recherchereise - zu nun 20 ausgewählten Bewerbern - auf eine sehr persönliche Annäherung. Gedreht wurde ab hier auf DigiBeta. Neun der 20 Kandidaten bestanden die Aufnahmeprüfung im Februar 1997. Nach insgesamt 87 Drehtagen lagen etwa 250 Stunden Material vor. Das Produktionsbudget von 1,5 Mio DM (766.938 EUR) mußte über lange Strecken zwischenfinanziert werden. Die Bewilligung beziehungsweise Freigabe von Fördermitteln erwies sich dabei als "verwaltungstechnisch" nicht unkompliziert.

Die Medien- und Filmgesellschaft (MFG) Baden-Württemberg bezuschusste die Stoffentwicklung. Für die Produktion wurden die Prämien zum Deutschen Filmpreis für Balagan und Die Überlebenden verwendet. Weitere Mittel zur Projektfinanzierung steuerten bei: BKM, Filmboard Berlin-Brandenburg, Filmbüro Nordrhein-Westfalen, MFG, ZDF. Die Frage, ob er auch unter heutigen, veränderten Marktbedingungen ein solches Vorhaben starten würde, bejaht Klaus Volkenborn. Ausschlaggebend für die Erfolgsaussicht sei dabei das persönliche Vertrauen in seinen Regisseur. Aus der Erfahrung von mehr als einem Jahrzehnt Zusammenarbeit bescheinigt er Andres Veiel außerordentliche Energie, Willen, Zuverlässigkeit - und "positive Besessenheit"
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  Regie: Andres Veiel


Andres Veiel, 1959 in Stuttgart geboren, studierte ab 1982 Psychologie in Berlin. Noch vor erfolgreichem Studienabschluss 1988 absolvierte er parallel eine Regie- und Dramaturgie-Ausbildung am Berliner Künstlerhaus Bethanien. Im Rahmen dieser Seminare prägte ihn vor allem die Begegnung mit Krzysztof Kieslowski. Nach mehreren Inszenierungen am Gefängnistheater Berlin-Tegel arbeitet Andres Veiel seit 1988 an eigenen Drehbüchern und Kinofilmen. Er nimmt Lehraufträge an verschiedenen Filmhochschulen und Universitäten wahr, darunter an der Universität Zürich und an der Freien Universität Berlin. Er ist Mitglied der Europäischen Filmakademie und wurde für seine Filme mit zahlreichen nationalen und internationalen Auszeichnungen geehrt.
Filmographie

in Vorbereitung: Der Kick (Theaterstück) Regie, Stück in Zusammenarbeit mit Mascha Kurtz für Maxim Gorki Theater Berlin und Theater Basel Vesper, Ensslin, Baader (Spielfilm) Buch (in Zusammenarbeit mit Gerd Koenen), Regie

1996-2004 Die Spielwütigen (Buch/Regie)

2001 Black Box BRD (Buch/Regie) Hessischer Filmpreis 2001 Bayerischer Filmpreis 2001 Europäischer Filmpreis 2001 Dokumentarfilm des Jahres 2001 (Evangelische Jury) International Filmfestival Santa Barbara / USA 2002 (Best Documentary Film) Deutscher Filmpreis 2002

1996 Die Überlebenden (Buch /Regie) Deutscher Filmpreis 1996 (Nominierung) Prädikat: Besonders wertvoll Hauptpreis Internationales Dokumentarfilmfest München Dokumentarfilmpreis des Bayerischen Rundfunks Adolf Grimme Preis 1998

1994 Balagan (Buch/Regie) Prädikat: besonders wertvoll IFFS Hauptpreis 1994 (International Federation of Film Societies) Friedensfilmpreis Berliner Filmfestspiele 1994 Otto Sprenger Preis 1994 für einen herausragenden Nachwuchsfilm Deutscher Filmpreis 1994 (Filmband in Silber) 1991/92 Winternachtstraum (Buch/Regie) Prädikat: besonders wertvoll


  Andres Veiel im Interview mit Jörg Taszman


Wenn man sich für ein Langzeitprojekt wie Die Spielwütigen entscheidet, weiß man ja zunächst nur wie es beginnt. Wann war Dir klar, jetzt ist Schluss?

Andres Veiel: Ich wollte eigentlich viel früher aufhören und nur bis zum Ende der Schulzeit drehen. Dann habe ich aber gemerkt, dass das Entscheidende danach passiert. Die Ausgangsfragen waren für mich: Was sind die frühen Träume? Wie verändern die sich? Wo kommen die Leute letztendlich an? Diese Fragen werden erst beantwortet, wenn die Protagonisten den Sprung in die Praxis machen. Erst nach sieben Jahren hatte ich das Gefühl, dass in den Gesichtern so viel passierte, dass ich eine Entwicklung zeigen kann. Da zeichnete sich dann auch ein Erwachsen-Werden, ein Älter- Werden in den Gesichtern ab. Das war ja das Ziel. Ich wollte einen Film über das Erwachsenwerden machen.

Du hast sieben Monate lang an dem Film geschnitten. Warst Du dann diszipliniert genug, die Kamera nicht noch einmal auszupacken und weiter zu drehen?

Andres Veiel: Nein, ich war undiszipliniert. Wir hatten sehr viel mehr gedreht. Wir konnten sehr wichtige Szenen nicht zeigen, auch Szenen in der Exposition und am Schluss des Filmes, die schmerzhaft sind und damit eine neue Dimension öffnen, aber die wir einfach nicht untergekriegt haben. Ich bin noch nie so an den Gesetzen der Dramaturgie gescheitert: Die Exposition verträgt einfach nur eine bestimmte Länge, sonst mäandert der Filmanfang. Das Gleiche gilt für den Schluss eines Filmes: Er muss knapp und präzise sein. Einen kleinen Trost gibt es: Das Material wird auf jeden Fall auf die DVD kommen.

Wie hat sich Dein Verhältnis zu Deinen Figuren im Laufe der Jahre verändert?

Andres Veiel: Am Anfang war ich eine Mischung aus großer Bruder, Vater, Mentor und Beschützer. Wenn sie Probleme in der Schule hatten, sind sie zu mir gekommen. Die Kamera war dann auch Freund und Helfer. Mit der Zeit hat sich das verändert. Jeder von den Vieren wollte an einem gewissen Punkt aussteigen. Ein Argument war, dass mein Film nichts mehr mit ihnen zu tun habe. Das, was für sie wichtig sei, würde mich nicht interessieren. So musste ich ihre Sichtweise mit übernehmen, und schrittweise entstand zwischen uns eine Ebenbürtigkeit.

Was ist für Dich bei der Arbeit und der Wahl des Mediums das Entscheidende?

Andres Veiel: Egal welches Medium, ob Theater, Spielfilm oder Dokumentarfilm, ich möchte Menschen in eine Situation bringen, in der sie sich zeigen können. Das ist Regie. Ich baue eigentlich nur einen Rahmen, der muss für beide Seiten sehr viel Vertrauen beinhalten. Dann ist es mal Zärtlichkeit, Vorsicht und Behutsamkeit, mal Druck und mal Schraubstock, so dass der Protagonist es schafft, einen Schritt weiter zu gehen, über die bekannte Schablone hinaus. Diesen Schlüssel zu finden, ist das eigentlich Spannende an der Arbeit. Da ist das Scheitern immer nebenan. Bei dem einen gelingt das, bei dem anderen gelingt es nicht.

  Cast

Prodromos Antoniadis, Constanze Becker, Karina Plachetka, Stephanie Stremler

  Stab

Regie Drehbuch ................................................................. Andres Veiel
Produzente ................................................................ Klaus Volkenborn
Schnittassistenz ................................................................... André Nier
Kamera
Hans Rombach (bvk) (1996–2003)
Lutz Reitemeier (bvk) (1997–1999)
Johann Feindt (bvk) (1999)
Jörg Jeshel (bvk) (2000)
Rainer Hoffmann (1997)
Klaus Deubel (bvk) (1997)
Pierre Bouchez (1999)
Musik ........................................................................ Jan Tilman Schade
Pianist ................................................................................ Nicolai Miller

Land/Jahr: Dokumentarfilm Deutschland 2004 35 mm, Format 1:1,85 108 Minuten Uraufführung im Panorama der Internationalen Filmfestspiele Berlin 2004 Kinostart: 03.06.2004


  Links

http://www.die-spielwuetigen.de/
"Tränen sind heikel" Taz 06.02.04 Gespräch mit Andres Veiel
Interview mit Andres Veiel BR 06.05.04
"Die aus der Rolle fallen" Tagesspiegel von Julian Hanich 06.02.04
"Andres Veiel sieht Obsessionen" von Anke Westphal 06.02.04
"Die Tränen des Taxi Driver" Morgenpost Von Matthias Heine 06.02.04
http://www.hfs-berlin.de/ "Ernst Busch" Schauspielschule
http://www.black-box-brd.de/

Black Box BRD Preis: EUR 14,99
  
 
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