Mein Vater kann bis heute oftmals nachts nicht einschlafen, weil er als Holocaust-Überlebender immer wieder die schrecklichen Bilder des Krieges vor Augen hat. Als er vor einigen Jahren im SPIEGEL las, dass Heinrich Himmler im ukrainischen Poltawa alle jüdischen Kinder liquidieren lassen wollte, weil seine Kinder nicht mit dieser „Judenbrut“ die Schulbank drücken sollten, kam meinem Vater die Idee dieser Freundschaftsgeschichte über alle Nationalitäten und Religionen hinweg. Hauptmotiv für die Geschichte war der leitende Gedanke, dass Kinder, die nichts anderes wollen, als miteinander befreundet zu sein und ihre Liebe zu einer gemeinsamen Leidenschaft zu teilen, durch den Wahnsinn der Erwachsenen auseinander gerissen werden. Musik und Freundschaft sind außerdem universelle Themen, die jeden Menschen auf der ganzen Welt betreffen. Erst durch Kinderaugen erhält man eine unbeeinflusste, politisch unvoreingenommene Sicht auf die Geschehnisse, wie sie ein Erwachsener aufgrund seiner Erfahrungen und Prägungen nicht mehr haben könnte. Kinder gehen viel intuitiver |
 |
mit einer Situation um. Ihre Wahrnehmung lässt sie direkt und spontan reagieren und durchläuft nicht erst einen Filter der vermeintlichen Vernunft. Sie spüren die Gefahr, lassen sich aber nicht von ihr beeinflussen. Erwachsene hingegen wägen ihr Handeln oftmals aus Angst vor Repressionen ab, was z. B. damals dazu geführt hat, dass sie, um sich selbst zu schützen, anstatt ihren jüdischen Nachbarn, Bekannten und Freunden zu helfen, diese denunziert oder ihnen zumindest nicht zur Seite gestanden haben. Die Kinderperspektive wurde filmisch so umgesetzt, dass in jeder Szene des Films mindestens ein oder mehrere Kinder zu sehen sind. Die Kinder verstehen die Kriegsgeschehnisse nicht bzw. verstehen nicht, warum sie ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Freunde mehr sein dürfen. Sie stellen kindgerechte Fragen zu dem Wahnsinn, der da vor ihren Augen passiert, damit auch der junge Kinozuschauer von heute versteht, welcher Irrsinn einem Krieg – und zwar jedem Krieg – innewohnt.
Produzentin Dr. Alice Brauner |
|