Mich
berührte die Tatsache, dass sie Autodidaktin war, ganz besonders.
Da war dieses Mädchen, das aus der tiefsten französischen Provinz
stammte, das arm war und ungebildet, aber mit einer so einzigartigen
Persönlichkeit gesegnet und ihrer Zeit und der Gesellschaft weit
voraus, in der Frauen die Gefangenen von Benimmregeln und Kleidung
10 waren, die sie von sich selbst entfremdeten. Ihren Lebensweg,
der etwas Romanhaftes hat, fand ich sehr spannend. Ich weiß noch,
wie ich Fotos der jungen Chanel an die Wand meines Zimmers pinnte,
obwohl ich damals nie gedacht hätte, dass ich mal einen Film
über dieses Thema machen würde. Viele Jahre später, während einer
Unterhaltung über Chanel mit Caroline Scotta und Caroline Benjo,
den Produzentinnen von „Haut et Court“, wurde ich gefragt, ob
ich Lust hätte, ein Projekt zu |
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entwickeln,
das ihren Lebensweg nachzeichnet. Daraufhin flammte mein Interesse
an Chanel wieder auf. Ich bat um etwas Bedenkzeit, sagte aber
gleich, dass es meiner Meinung nach ein Fehler wäre, Coco Chanels
Leben vollständig zu erzählen. Ich musste mir darüber klar
werden, ob es möglich war, sich auf den ersten Abschnitt ihres
Lebens zu beschränken, ihre Lehrjahre und das, was alles geschah,
bevor Chanel selbst überhaupt begriff, welches glanzvolle Schicksal
ihr beschieden war. Deshalb las ich noch einmal die Biografie
von Edmonde Charles-Roux, „Coco Chanel – Ein Leben“. Die andere
zwingende Notwendigkeit bestand darin, eine Schauspielerin
zu finden, die diese Figur wirklich verkörpern konnte – und
nicht bloß eine blasse Kopie von Chanel abgibt oder sie nachäfft. Anne
Fontaine |