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Jedes Mal, wenn ich mich in den letzten anderthalb Jahren an die Arbeit an meinem Drehbuch gemacht habe, musste ich fast zwangsläufig an indische klassische Musik denken. Nicht etwa, weil sie in dem Film direkt eine Rolle spielen würde, sondern weil die Form und die Haltung, die diese Musik für sich beansprucht, für den Ausdruck meines Films von Bedeutung ist. Raga, die melodische Grundlage dieser Musik, bedeutet wörtlich aus dem Sanskrit übersetzt „Farbe, Stimmung, Gefühl“. Durch die Darstellung eines einzelnen musikalischen Gedankens in allen seinen Aspekten will diese Musik eine ganz spezifische Stimmung erzeugen und in den Zuhörern einen besonderen Gefühlszustand auslösen. Der Geist des Zuhörers soll sozusagen eingefärbt werden. Die Stimmung während der Live-Auftritte ist oft so erdrückend schön, dass viele Zuhörer Tränen in den Augen haben und sich manche gar gezwungen fühlen, den Konzertsaal kurz zu verlassen – und niemand stört sich an der Unruhe und Bewegung, da Musiker und Zuschauer gleichermaßen in diesen starken Emotionen vereint sind.
Dem Geist der indischen klassischen Musik folgend, möchte ich die Geschichte von Amar und Tara, die Geschichte zweier einsamer Seelen in einer Megacity und ihrem Verlangen nacheinander, erzählen. Die Einsamkeit inmitten des modernen Lebens ist das leitende Motiv und der Film soll ein Versuch sein, das Gefühl der Einsamkeit in ihren vielen Facetten, in ihren einzelnen Aspekten zu bebildern und ein romantisches, melancholiegetränktes Lebensgefühl in einer Großstadt aufzuzeichnen. Einsamkeit ist ein Gefühl, eine Verfassung, ein Zustand, eine Stimmung. Man sagt ja auch, die Einsamkeit sei eine Gefängniszelle, die sich nur von innen öffnen lässt. Kanwal Sethi |