Nach fünf Festivaltagen wurden der Goldene und der Jury-Preis
Silberner Bär, der DAAD Kurzfilmpreis und die Nominierung für
den besten europäischen Kurzfilm feierlich verliehen.
Der Goldene Bär geht an den schwedischen Film Händelse Vid
Bank von Ruben Östlund.
96 Darsteller performen einen gescheiterten Banküberfall.
„Unser aller Imagination eines Überfalls ist geprägt vom Kino:
ein Überfall läuft perfekt ab, schnell, zügig, effizient. Die
Wirklichkeit sieht anders aus. Was bedeutet das für mich, den
Zeugen, wenn die imaginierte Wirklichkeit von der Realität
überholt wird?“ kommentiert Ruben Östlund seinen Film.
Die Jury begründet ihre Entscheidung: „Ruben Östlunds Film
ist eine Reflektion unserer Zeit und wie diese von den Medien
beeinflusst ist. Gefilmt mit einer einzigen Kamera und ohne
einen einzigen Schnitt, wird in das Filmbild hinein- und herausgefahren
als würde der Regisseur eine Überwachungskamera auswerten.
Perfekte Dialoge, und die Menschlichkeit wird mit Humor dargestellt.“
Der schwedische Regisseur dreht zurzeit seinen dritten Spielfilm.
Der Jury-Preis Silberner Bär geht nach Israel an Hayerida
von Shai Miedzinski.
Eine Familie trauert um ihren verlorenen Sohn und sucht in
der Wüste nach einem passenden Grabstein. Die Jury argumentiert:
„Die israelische Wüste liefert den ebenso staubigen wie intensiven
Hintergrund für ein hermetisches Roadmovie zum Thema Verlust.
Es ist schwer, Familientrauer in Bilder zu übersetzen, aber
Regisseur Shai Miedzinski hört dem Wind zu und gibt den Emotionen
einen Rahmen.“ Shai Miedzinski hat seine eigene Familie, Mutter
und Schwester, besetzt. Die Intensität ist spürbar. Shai Miedzinski
ist Absolvent der Sam Spiegel Schule in Jerusalem.
Das Stipendium des DAAD Künstlerprogramms in Berlin geht an
Adrian Sitaru aus Rumänien für Colivia.
Der Sohn bringt eine kranke Taube nach Hause. Der Vater will,
dass die Taube sofort das Haus verlässt. Der Sohn will einen
Käfig für seine Taube. „Eine perfekt geschnittene und getaktete
Miniatur, ein Kammerspiel innerhalb eines Wohnblocks in einer
namenlosen rumänischen Stadt. Witzig, herzlich und mit einem
wundervollen Rhythmus versehen, benötigt Regisseur Adrian Sitaru
lediglich 17 Minuten, um seine drei Protagonisten zu porträtieren“,
begründet die Jury ihre Entscheidung. Adrian Sitaru dreht sowohl
lange Spiel- wie Kurzfilme. Mit diesem Preis bekommt er die
Möglichkeit, für drei Monate nach Berlin zu kommen und im Rahmen
des Künstlerprogramms eine neue Arbeit zu machen.
Die Nominierung für den europäischen Kurzfilmpreis geht an
die junge belgische Regisseurin Natalie Teirlinck für ihren
Film Venus vs Me.
„Ein experimenteller Versuch, aus einer Innenperspektive Kindheitserinnerungen
zu erzählen - mit Hilfe einer komplexen Montagetechnik. Bilder
und Sound werden eins, eine Geschichte wird prismatisch erzählt.
Die Regisseurin Nathalie Teirlinck fügte viele Einzelteile
meisterhaft zu einem Puzzle.“
Die Juryentscheidung trafen die Gründerin und Leiterin des
Kurzfilmfestivals Sao Paolo, Brasilien, Zita Caravalhosa, der
Chefredakteur des deutschen Magazins "Spex", Max Dax, und
der britische Produzent Samm Haillay.
Durchweg spielen die Programme der Berlinale Shorts vor ausverkauftem
Haus. Die Auseinandersetzung über das Ausloten der Grenzen
des kurzen Filmes, die dieses Jahr erstmals bei den Filmgesprächen
im Kino Arsenal stattfindet, stößt auf reges Interesse. Kontrovers
und engagiert wird die Verschiebung von Narration und Performance,
Visualisierung und Dokument diskutiert.